Montag, 29. Januar 2007

Zeit für ein bisschen Kultur

Nachdem sich die Gemüter über das Wochenende etwas abgekühlt haben und offensichtlich zum ersten mal so etwas wie ein Dialog zwischen den verfeindeten Lagern in der Luft lag, stand einem kleinen Ausflug von Seiten der Sicherheit eigentlich nichts im Wege. Außerdem solltet ihr Daheimgebliebenen auch mal wieder ein paar schöne Bilder aus dem Libanon zu sehen bekommen.
Gestern gings für mich also nach Baalbek. Die Stadt ist ca. 85 km (oder 7 Checkpoints des libanesischen Militärs) von Beirut entfernt und liegt landschaftlich sehr reizvoll im Bekaa-Tal, einer durchschnittlich auf 1000m Höhe liegenden Ebene. die an ihrer breitesten Stelle nur ca. 18 km misst und das gesamte Land ca. 180 km in Nord-Süd-Richtung durchzieht. Zum Tal ist zu sagen, dass dort während des Bürgerkriegs hauptsächlich Haschisch angebaut wurde. Mittlerweile gehen die Bauern dort eher dem Anbau etwas gewöhnlicherer Gewächse nach, auch weil das Militär in den 90er Jahren entschieden gegen den Drogenanbau vorgegangen ist. Unter den bekanntesten und beliebtesten Erzeugnissen des Tals findet sich der Wein. Die Bezeichnung Wein aus Bekaa ist schon so etwas wie ein Markenzeichen geworden und die besseren Tröpfchen dieser Gegend (Bekanntestes Weingut ist Ksara) kann durchaus mit europäischen Erzeugnissen mithalten (liest man halt so, ich bin ja nicht der große Weinkenner)
Das moderne Baalbek ist das Verwaltungszentrum des nördlichen Bakaa-Tals. Traurigerweise hat die Stadt in den letzten Jahrzehnten weniger wegen ihres grandiosen archäologischen Erbes Schlagzeilen gemacht, sondern vielmehr durch die traurige Tatsache, dass die Stadt der Hauptsitz der Hizbollah ist - woran auch die allgegenwärtige Fahne der Partei erinnert (siehe Bild unten).
Baalbek, in der Antike einst als Heliopolis (Stadt der Sonne) bekannt, ist mit Sicherheit die beeindruckendste archäologische Stätte des Libanon und eine der bedeutendsten römischen Tempelanlagen überhaupt. Der Jupiter Heliopolitanus geweihte Tempel stellt mit seinen über 20 m hohen Säulen und seinen Dimensionen (ca. 35 auf 69 m) alle anderen römischen Tempel größentechnisch in den Schatten. Selbst in Rom gibt es nichts vergleichbares. Die Kolonie Baalbek wurde von Julius Caesar 47 v. Chr gegründet, unter Augustus
begann der Bau des Jupitertempels, der nie ganz vollendet wurde. Das gesamte Heiligtum wurde im ausgehenden 2. beginnenden 3. Jhdt. massiv ausgebaut und umfasst neben dem Haupttempel (= Jupitertempel) zwei große Innenhöfe (darunter den einzigen sechseckigen Hof der römischen Architekturgeschichte) und zwei Tempel, von denen der auf einer Terasse unterhalb des Jupitertempels stehende Bacchus-Tempel in einem sagenhaft guten Erhaltungszustand ist. Zudem ist er einer der am prunkvollsten ausgestatteten römischen Tempel überhaupt. Leider können die Fotos nicht einmal einen schwachen Abglanz von der Schönheit und Feinheit der Bauornamentik geben, mir persönlich ist jedenfalls nichts vergleichbares aus römischer Zeit aus eigener Anschauung bekannt. Als ob das nicht bereits genügend Superlative wären, finden sich im Podest des Jupitertempels zudem die größten jemals verbauten Monolithen. Es handelt sich hierbei um 3 Steinblöcke mit einer Länge von ca. 20 m. Dieser Größenwahn (man kann es nicht anders ausdrücken) war wohl auch der Grund dafür, dass die Anlage nie ganz fertiggestellt wurde. Dass die römischen Baumeister sich teils wohl übernommen hatten, sieht man auch an einem aus antiker Zeit stammenden Steinbruch, aus dem das Material für das Heiligtum stammte. Jetzt kommt der letzte Superlativ des heutigen Tages: Hier befindet sich DER GRÖßTE Monolith aller Zeiten (die beim Jupitertempel waren die größten verbauten, ihr erinnert euch?). Das Ding wiegt weit über 1000 Tonnen und ist ca. 23 m lang. Der Koloss wurde bereits komplett vom Felsen abgetrennt, auch wenn das auf dem Photo anders aussieht, weil er im Laufe von fast 2 Jahrtausenden natürlich ein bisschen mit Erde bedeckt wurde. Jedenfalls liegt der Stein immer noch an der Stelle, wo er einst dem Felsen abgerungen wurde. Archäologen vermuten, dass er für das Fundament des Jupitertempels bestimmt war, wieso er nie abtransportiert wurde bleibt ein Rätsel, vermutlich war er einfach zu schwer. Es gibt noch eine interessante Anekdote zu dem Trum: Im deutschen Sprachraum ist der Gigant unter der Bezeichnung "Stein des Südens" bekannt, was eine direkte Übersetzung des originalen arabischen Namens ist: Hajar (Stein) al-Qubla (des Südens). Heute nennen die Araber den Stein auf Grund einer falschen Textüberlieferung (Man sieht, was Rechtschreibfehler so alles anrichten können) Hajar al-Hubla, Stein der schwangeren Frau (Hubla heißt schwanger). Deshalb hat sich im Laufe der Jahrhunderte der Aberglaube eingebürgert, dass Frauen durch Berühren des Felsens ihre Fruchtbarkeit erhöhen können und dem Kindersegen nichts mehr im Wege steht - schöne Geschichte, oder?
so, den ein oder anderen Satz schreib ich noch in die Bildlegenden, aber ich muss an dieser Stelle aufhören, da ich noch stundenlang über dieses grandiose Heiligtum schreiben könnte. Falls jemand Fragen zu römischer Architektur oder der Geschichte des Heiligtums hat - immer her damit.

Fahrt nach Baalbek. Im Hintergrund Antilibanongebirge, dahinter liegt Syrien.
Blick in die Bekaaebene
Das Photo war mir gern 1000 Pfund wert, typisch Touri halt.
Plan des HeiligtumsJupitertempel vom großen Hof aus.
Das gleiche nochmal aus einer anderen Perspektive.

Die heute noch aufrecht stehenden Säulen des Jupitertempels. Zum Größenvergleich habe ich in dem Bild einen Praktikanten versteckt, also genau hinschauen (und Bild evtl. vergrößern, denn sonst wird's schwierig).
Ohne Praktikant
Blick vom Jupitertempel aus in den großen Vorhof (ach Gott, was könnte ich dazu alles erzählen)

Exedra im Vorhof
Jupitertempel mit Libanongebirge (der Antilibanon ist auf der anderen Seite)



Teil der Sima (Regenrinnne) des Jupitertempels. Man muss sich klar machen, dass dieses Stück in einer Höhe von knapp 20 Metern hing und man vom Boden aus die sagenhafte Detailfülle überhaupt nicht sehen konnte. Ach ja...und der Praktikant, hätt ich fast vergessen.Voila. Detail der Sima. Der Löwenkopf diente als Wasserspeier. Unglaublich kunstfertig.

Blick vom Podest des Jupitertempels auf den benachbarten Bacchustempel. Die Erhaltung ist einfach phänomenal. Das Gebirge im Hintergrund ist diesmal der Antilibanon.



Im Mittelalter (13. Jhdt.) wurde die gesamte Anlage von den Moslems zur Festung ausgebaut, da man einen erneuten Angriff der Kreuzfahrer befürchtete. Hier ist ein Teil der Festung zu sehen.


Römisches Mosaik - man beachte die immer noch strahlenden Farben.


Säulengang des Bacchus-Tempels. Die Säule ist bei einem Erdbeben Mitte des 18. Jhdts. umgestürzt.

Tempelinneres (Cella) des Bacchustempels


Eingang zum Bacchustempel. Die Tür ist 14 (!) m hoch und auf das kunstvollste verziert.Großaufnahme des Eingangsportals





Größer Monolith der Welt - ehrlich! Ganz im hintergrund kann man die 6 Säulen des Jupitertempels sehen.

Damit immer klar ist, wer hier der Herr im Haus ist. Fahne der Hizbollah mit modischer MG. Baalbek ist die konservativste Stadt des Libanons, die ich bis jetzt gesehen habe. Die Frauen laufen, wenn man sie denn sieht, nur verschleiert rum. Grundsätzlich rate ich jeder Frau ab, alleine in diese Gegend zu reisen. Das könnte schnell zu Problemen führen.
Mäh Mäh.

Freitag, 26. Januar 2007

Entwarnung und Klarstellung

Da ich weiß, dass sich der ein oder andere in Deutschland um mich Sorgen macht, möchte ich ein paar Dinge ins gerade Licht rücken. Die Universität, an der es gestern zum Ausbruch von Straßenkrawallen kam ist NICHT die Universität, in deren Nachbarschaft ich lebe. In meinem Viertel befindet sich die AUB (American University of Beirut), die von den gestrigen Gewalttätigkeiten nicht betroffen war. Bei besagter Universität handelt es sich um die arabische Universität im hizbollah-dominierten Süden der Stadt. Auf die Details der Auseinandersetzung brauche ich wohl nicht näher einzugehen, Interessierte können unter http://www.dailystar.com.lb/article.asp?edition_id=1&categ_id=2&article_id=78974
mehr erfahren. Nur so viel: Ja, es stimmt, dass von der Armee eine Ausgangssperre (20:30 - 06:00) für ganz Beirut verhängt wurde, die von allen auch eingehalten wurde, d.h. die Straßen waren leer und die Nacht verlief ruhig. Ich appellliere an alle zuhause Gebliebenen, sich nicht den Kopf über mein Schicksal hier zu zermartern. Ich bin mir durchaus bewusst, dass dies eine schwere Zeit besonders für die Menschen ist, die mir nahe stehen. Ich kann aber versichern, dass ich mich äußerst vorsichtig verhalte und in engem Austausch mit meinen Kollegen stehe. Bis jetzt bestand objektiv keinerlei Gefahr für mich, auch wenn diese Einschätzung nicht von allen in Deutschland geteilt wird. Macht euch keine Sorgen (das sag sich so leicht, ich weiß). Mal schauen, was der heutige Tag so bringt. Ich sitze jedenfalls in meinem Büro und gehe ganz normal meiner Arbeit nach (und schreibe nebenbei diese Zeilen).
Sobald es etwas Neues gibt, melde ich mich.

Mittwoch, 24. Januar 2007

Der Tag danach

Nach der traurigen Bilanz des gestrigen Tages mit 3-7 Toten und 70-130 Verletzten (Die Opferzahlen schwanken von Bericht zu Bericht) nimmt das Leben im Libanon heute wieder seinen gewohnten Gang. Die Hizbollah hat ihren "Streik" beendet, die Zufahrtsstraßen sind frei und die Geschäfte haben ganz normal geöffnet. So weit business as usual, aber die Erleichterung der Menschen darüber, dass der Spuk des vorangegangenen Tages vorüber ist, wird von der Sorge über einen erneuten Ausbruch der Gewalttätigkeiten überschattet. Der innenpolitische Konflikt ist keineswegs gelöst, man könnte sogar sagen, die Fronten zwischen Regierung und Hizbollah-geführter Opposition haben sich verhärtet. Die Hizbollah hat für die nächste Zeit jedenfalls weitere Aktionen, die "far worse" (daily star) werden sollen, angekündigt, falls die Regierung Ihren Forderungen nicht nachgeben sollte. Ministerpräsident Siniora hat seinerseits in einer Fernsehansprache, die an den Mob auf den Straßen gerichtet war, auf der einen Seite zwar zum Dialog aufgefordert, auf der anderen Seite aber demonstrativ die Standfestigkeit der Regierung unterstrichen. Wachsamkeit bleibt also erste Bürgerpflicht.

Für eine Zusammenfassung der Geschehnisse des gestrigen Tages empfehle ich den Bericht in der heutigen Ausgabe des Daily Star:

http://www.dailystar.com.lb/article.asp?edition_id=1&categ_id=2&article_id=78890

Dienstag, 23. Januar 2007

Aus aktuellem Anlass

Offensichtlich wird Beirut heute eines der dominierenden Themen der internationalen Presse sein. Egal, welche unschönen Bilder von brennenden Autos und in die Luft schießenden Polizisten ihr in den Nachrichten zu sehen bekommt, macht euch keine Sorgen, in meinem Viertel ist es ziemlich menschenleer und ruhig. Ein Teil der Belegschaft des Instituts konnte wegen der Straßensperren nicht zur Arbeit kommen und viele Geschäfte haben geschlossen, ansonsten sind die Auswirkungen in diesem Stadtteil nicht unmittelbar wahrnehmbar. Die Armee ist seitens der Regierung angehalten, Blockaden jeglicher Art notfalls auch mit Waffengewalt aufzulösen. Unbestätigten Medienberichten zufolge soll es in zwei Städten (NICHT in Beirut) bis jetzt 5 Verletzte (ich weiß nicht auf welcher Seite) gegeben haben. Der Flughafen ist mehr oder weniger dicht, viele Airlines (darunter auch Lufthansa) haben ihre Flüge für heute abgesagt. Das ist der aktuelle Stand der Dinge. Lasst euch nicht von der verzerrenden Berichterstattung verrückt machen. Für mich geht das Leben momentan ganz normal weiter. Verfolgt die Nachrichten (gute Suchmaschine ist paperball.de) bitte mit der gebührenden kritischen Distanz. Auch wenn es die teilweise sehr reißerischen Berichte und die dramatischen Bilder suggerieren mögen, es ist keineswegs so, dass ganz Beirut in Flammen steht.

Montag, 22. Januar 2007

Bilder aus Sidon und medizinisches Bulletin

Das Wichtigste in Kürze: Nach drei Wochen hat's mich gestern Abend zum ersten mal am Magen erwischt - mit allem, was dazu gehört (ich brauche darauf wohl nicht detaillierter einzugehen). Zink-Kohle Tabletten und dem konsequenten Verzicht auf Kaffee sei Dank, dass ich mich mittlerweile wieder auf dem Wege der Besserung befinde. Aber da muss jeder mal durch, der in den Libanon kommt, die einen früher, die anderen später. Immerhin konnte ich gestern noch den Tag unbeschwert in Sidon verbringen, einer alten phönizischen Handelsstadt ca 45. km. südlich von Beirut. Wie fast alle Städte an der Levante hat auch Sidon von den Kreuzfahrern ein pittoreskes Kastell verpasst bekommen, deren Ruinen wir auch heute noch bewundern dürfen. Die Zitadelle in Sidon liegt besonders schön auf einer kleinen Insel 80 m vor der Küste und ist nur über eine in späterer Zeit von den Arabern errichte gemauerte Brücke erreichbar. Richtig abenteuerlich war, dass die See gestern von ein er äußerst steifen Brise aufgepeitscht wurde und die Burg teilweise von meterhohen Wellen überschwemmt wurde. Wie gewaltig die Gischt der anbrandenden Wogen war, kommt auf den Fotos nicht wirklich überzeugend rüber ich kann nur aus eigener Anschauung bestätigen, dass ich auf der Spitze des linken Turmes (siehe erstes Foto unten) noch nass wurde - und der Turm ist bestimmt seine 12 m hoch. War jedenfalls eine spannende Sache und ich hätte meinen Aufenthalt in der Zitadelle beinahe verlängern müssen, da mir der Rückweg von der Flut fast abgeschnitten worden wäre.











Seifenmuseum in Saida: Wie in Tripoli hat auch hier das Handwerk eine lange Tradition. Zu solch schornsteinförmigen Türmen wird die Seife zum Trocknen aufgeschichtet.
Moschee
Größter (und mit Abstand schönster)Khan von Saida: Ein Khan (auch Karawanserei genannt) war eine ummauerte Herberge, in der Reisende und Kaufleute dort mit ihren Tieren und Handelswaren sicher nächtigen und sich mit Lebensmitteln versorgen konnten. Große Karawansereien dienten zugleich als Warenlager und Handelsplatz für Im- und Exportwaren. Ganz typisch ist der von 2 Arkadenreihen umsäumte Innenhof mit einem kleinen Brunnen in der Mitte. Die Ställe und Lager befanden sich im Parterre, in der zweiten Etage waren die Gästezimmer.
Blick auf die Hauptstraße: Ja mei, a Hauptstraße halt, nix besonderes

Souk in der Altstadt

Teil der Hizbollah-Zeltstadt in Beirut: Still und heimlich aus dem oberen Stockwerk des nationalen Musikkonservatoriums fotographiert. Die meisten Hizbollah-Anhänger campen allerdings hinter den Gebäuden auf dem Märtyrerplatz und sind im Bild nicht zu sehen.
Auch hierzulande pflegt man einen eher ungezwungenen Umgang mit der jüngeren deutschen Geschichte, wie die Getränkekarte eines großen Lokals, in dem frisch gepresste Säfte kredenzt werden, beweist (Bild unten). Warum besagter und rot umrandeter Saft ausgerechnet zwischen Tahiti und Panama platziert wurde bleibt wohl eines der vielen Geheimnisse des Hauses - ebenso wie auch die Namengebung. Ob es was mit der Farbe zu tun hat (braun auf braun?), wer weiß. Ich hab das Ding jedenfalls weder gesehen, geschweige denn bestellt, bin aber gespannt welche lustigen Namen sich die Verantwortlichen für ihre Fruchtcocktails noch so einfallen lassen. Die Geschichte des 20. Jhdts. gäbe jedenfalls noch viel her.
Ach ja bevor ich es vergesse: Für morgen hat die Hizbollah einen großen Generalstreik angekündigt, mit dem das ganze Land lahmgelegt werden soll. Angeblich sollen alle größeren Straßen blockiert werden und das öffentliche Leben zum Erliegen kommen. Mal schauen was das wird, villeicht bleibts ja ein Sturm im Wasserglas.

Freitag, 19. Januar 2007

Bin wieder hier, in meinem Revier

Kaum ist man mal zwei Wochen weg wird im eigenen Land geputscht und Landesvater auf Lebenszeit in spe Ähhhde Stoiber geht in den Wirren des "Killersturms" (n-tv.de) Kyrill mit Pauken und Trompeten unter. Parteifreunde in der CSU sind politisch halt doch gefährlicher, als die Kollegen von der Hizbollah hierzulande. In Beirut hat sich politisch nicht ganz so viel getan wie in Bayern. Der Sit-in der Opposition läuft fröhlich weiter und die Regierung denkt weiterhin nicht im Traum daran, den Forderungen der Gegenseite nachzugeben. Hin und wieder wird dann je nach Gusto ein Ministerium nach Wahl belagert - also im Osten nichts Neues.

Meine Wenigkeit durfte sich die letzten drei Tage um ein 6-köpfiges Barockensemble aus Leipzig kümmern, das im Auftrag des Goethe-Instituts gerade eine Nahost-Tournee absolviert (zur Gruppe guckst Du hier: http://www.leipzigerbarocksolisten.de/) Ich habe mich ein bisschen als Reiseführer verdingt und bei den beiden Konzerten in Beirut und Tripoli (90 km nördlich von Beirut) mitgeholfen. Es waren schöne und abwechslungsreiche Tage, in denen ich neben grandioser Barockmusik die mindestens ebenso grandiose libanesische Küche ausgiebigst kennen lernen durfte.

Fahrt nach Tripoli:

Tripoli in seiner ganzen Pracht:
Es gibt aber auch schöne Ecken:
Altes Stadttor Nicht gerade vertrauenserweckend

Eingang zur Altstadt aus mamelukkischer Zeit (13. - Ende 16. Jhdt.)

Goldsouk
Im Seifensouk. Tripoli ist sehr bekannt für seine Seifen, die hier seit Jahrhunderten nach alter Handwerkskunst produziert werden und mittlerweile mit modernem Marketing weltweit vermarktet werden. Orient trifft Okzident. Die runden Bällchen in den pittoresken Kästen sind frisch hergestellt.Koran aus Seife - nur waschen sollte man sich damit nicht unbedingt


Ole Ole Ole Oleeeee...


Konzert in einem wunderschönen unterirdischen Kellergewölbe

Meinereiner beim anschließenden Mezze-Essen mit libanesischem Rotwein.
Das Leipziger Barockensemble, der Fahrer vom Goethe-Institut, Kulturschaffende aus Tripoli und der Praktikant.
Libanesische Verhältnisse: Auf der Heimfahrt ging unserem Begleitfahrzeug, in dem die Instrumente transportiert wurden ungefähr 50 m vor einer Tankstelle der Sprit aus und es hieß schieben. Wie man sieht, sind Musiker sich für nix zu schade und darüber hinaus auch ans anpacken gewöhnt. Ich habe natürlich auch mitgeholfen, wurde aber für die Dauer dieses Photos kurzzeitig von meinen Aufgaben entbunden - das musste einfach für die Nachwelt festgehalten werden. Die Heimfahrt verlief - nach deutschen Verhältnissen - ähnlich chaotisch. Auf der Autobahn fahren viele nachts ohne Licht (ist bei den meisten Fahrzeugen zwar vorhanden, aber meist defekt), ein Geisterfahrer kam uns entgegen und auch unser Fahrer hat es sich nicht nehmen lassen, mal eben ein paar Meter zurückzusetzen. Klingt alles ganz abenteuerlich, aber ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt. In Deutschland würde einem das Herz stehen bleiben, wenn man mitten in der Nacht auf der Autobahn einem Geisterfahrer begegnet - hier ist das eigentlich ganz normal. Und da auch in Beirut Einbahnstraßen gerne mal missachtet werden ist gegen die Spur zu fahren eigentlich ganz konsequent, denn was ist eine Autobahn schon anderes als eine große Einbahnstraße. Denkt da mal drüber nach. Wie gesagt, man gewöhnt sich dran. Ich hoffe nur, dass ich den Fahrstil, dessen Zeuge ich hier bin, nicht nach Deutschland importiere - das könnte Probleme geben.

Ein paar Worte zu meiner Wochenendplanung: Eigentlich wollte morgen und übermorgen Ausflüge machen, aber da der Wetterbericht für Samstag einen heftigen Sturm meldet, wird das wohl nichts werden. Am Sonntag fahre ich vielleicht nach Sidon (Phönizische Hafenstadt) oder nach Jeitta, wo man sich tolle Tropfsteinhöhlen, die angeblich zu den größten und schönsten der Welt gehören sollen, anschauen kann. Spätestens am Montag lass ich wieder was von mir hören, vielleicht schaff ich es auch noch Sonntag nacht in ein Cafe mit Wlan. Man wird sehen.