Donnerstag, 8. Februar 2007

Ein Tag wie jeder andere

Das politische Tauziehen um die Macht geht in die nächste Runde. Was mich verhalten optimistisch stimmt, ist die Tatsache, dass der Libanon in dieser schwierigen Situation nicht sich selbst überlassen bleibt. Ich glaube nicht, dass das Land die gegenwärtige Krise ohne Mediation von außen bewältigen kann. Dieses schwierige Amt eines unabhängigen Vermittlers zwischen den verfeindeten Lagern hat Amr Moussa, der Generalsekretär der Arabischen Liga seit Mitte Dezember inne. Derzeit befindet sich ein Abgesandter der Arabischen Liga in Beirut, um die Ankunft Moussas vorzubereiten und die Möglichkeiten für Gespräche auszuloten. Natürlich werden hier auch die Bemühungen der europäischen Statten für eine friedliche Lösung bemerkt und gewürdigt. Vor allem Frankreich hat für die Organisation der Paris III Geber-Konferenz, welche dem Libanon dringend benötigte Finanzhilfen in der Höhe von 7,6 Milliarden $ beschert hat, großen Zuspruch erhalten. Aber den größten und nachhaltigsten Einfluss hat mit Sicherheit die Arabische Liga, da sie den institutionellen Rahmen bereitstellt, um auch Syrien (zumindest über die Hintertür) in die Verhandlungen einzubinden. Und ohne einem klaren Bekenntnis Syriens, sich aus den inneren Angelegenheiten Libanons rauszuhalten, wird das Land immer Spielball fremder Mächte bleiben und nicht zur Ruhe kommen. Immerhin gibt es Verlautbarungen von allen beteiligen Akteuren, einen neuen Ausbruch der Gewalt (geschweige denn einen neuen Bürgerkrieg) verhindern zu wollen. In der Tat ist es seit den Straßenschlachten vom 25.1., als in der Nähe der Arabischen Universität in Beirut 3 Menschen getötet und über 100 verletzt wurden, ruhig geblieben. Etwas kritisch sehe ich den kommenden Mittwoch. Dieser Tag ist allen Verliebten als Valentinstag unvergesslich, aber ich bin etwas skeptisch, dass es hier nur rote Rosen regnen wird. Genau an diesem Tag vor zwei Jahren fiel Rafik Hariri einem Bombenanschlag zu Opfer. Hinter dem Attentat vermuten viele Syrien als Drahtzieher, eine juristische Aufarbeitung scheiterte bis jetzt aber am Wiederstand des Staatspräsidenten Emile Lahoud und anderer "syriennaher" Akteure. Ergo: Die wahren Schuldigen konnten bis dato noch nicht ausgemacht werden. Jedenfalls findet am Mittwoch den 14.02. eine Gedenkfeier am Grab Hariris statt. Ungünstigerweise ist seine Grablege nur ca. 200 m von den Demonstranten der Hizbollah entfernt, die nach wie vor ihren munteren Sit-in am Martyrerplatz im Herzen Downtowns abhalten. Und diese Gemengelage könnte bei einer Verkettung wiedriger Umstände ein explosives Gemisch abgeben. Zwar wurde von beiden Lagern die Losung ausgegeben, einen kühlen Kopf zu bewahren, aber wenn die Emotionen überschwappen kann hier für nichts garantiert werden. Für mich gilt jedenfalls, an diesem Tag aufmerksamst die hiesigen Medien zu verfolgen und von Besuchen in der Gegend abzusehen. Wir hoffen alle, dass nichts passiert !
Von der großen Politik zurück zu den Niederungen des Tagesgeschäfts. Ich habe hier im Institut momentan ganz gut zu tun. Am kommendenMontag stellen wir der geneigten Öffentlichkeit ein gemeinsames Projekt der Goethe-Institute Nordafrika und Naher Osten von, zu dem auch das GI Beirut seinen Anteil beisteuert. Es handelt sich um eine deutsch-arabische Jugendwebseite names Li-Lak (= arabisch und heißt "für mich - für dich"), auf der sich junge Menschen über ihr Leben, ihre Wünsche, Träume, Zukunftsängste etc. austauschen können und einen kleinen, subjektiven Einblick in die Lebenswirklichkeit der "Anderen" bekommen sollen. (http://www.goethe.de/ins/eg/pro/lilak/index.htm ) Die Seite ist sowohl auf arabisch, als auch auf deutsch verfügbar und bietet ein recht buntes Programm, das auch Spiele und elektronische Grußkarten umfasst.
Dann kommt nächste Woche auch eine deutsche Journalistin namens Jasna Zajcek in Beirut an, die sich hier im Rahmen des von der Heinrich-Böll- Stiftung und dem Goethe-Institut getragenen Austauschprojekts "Living Globality" einen Monat lang aufhalten wird. Meine Aufgabe wird sein, die Dame zu betreuen und bei der Organisation einer Podiumsdiskussion am 1.3. mitzuwirken, an der Frau Zajcek, der deutsche Schriftsteller Norman Ohler und libanesische Medienvertreter teilnehmen werden. Die Leitfrage hab ich mir schon einfallen lassen: "Welchen Beitrag kann Kunst zum interkuturellen Dialog leisten?".
Und die dritte Veranstaltung im Bunde ist eine Photoausstellung des deutschen Photographen Hans Joachim Kasselmann ( für Kunstfreaks: http://www.hans-joachim-kasselmann.de/) , die am 21.02. feierlich eröffnet wird. Das sind die Projekte, die in nächster Zeit anstehen. Daneben finde ich aber nach Feierabend auch Zeit, in die hiesige Kulturszene reinzuschnuppern. Am Dienstag war ich bei einer Vernissage-Eröffnung und gestern gab's was ganz Feines. Eine Ausstellung an der AUB (American University of Beirut) über das Leben und Werk der österreichischen Friedensaktivistin Bertha von Suttner (1843 - 1914) (http://de.wikipedia.org/wiki/Bertha_von_Suttner), die als erste Frau einen Nobelpreis erhalten hat. Die Ausstellung war recht überschaubar und bestand aus vielleicht 13 Stellwänden mit ein paar Bildchen und etwas Text. Lustigerweise war der österreichische Botschafter seine Exzellenz (ist wirklich die offizielle Anrede eines Botschafters !) Dr. Georg Mautner-Markhof auch da und hat seine Grußworte an das versammelte Plenum von vielleicht 50 Leuten gerichtet. Ich hab es mir natürlich nicht nehmen lassen, mit dem Mann ein kleines Pläuschchen zu halten und die gut nachbarschaftlichen Beziehungen von Bayern und Österreich hervorzuheben. Am Ende kam dann noch dieses nette Bildchen raus:

Die Rosette, die wir beide am Revers stecken haben, ist übrigens das Abzeichen einer Feministischen Frauenorganisation und soll signalisieren: Wir sagen JA zur Emanzipation. Zum Abschluss zeige ich euch noch ein paar Bildchen meiner neuen Bleibe

Mein Bett: Es geht doch nichts über solides Holz Mein Tisch + mein Stuhl

Mein SchrankFernbedienung meiner Klimaanlage: Die Zeichen sind vermutlich chinesisch. Obwohl unsere WG sehr kosmopolitisch ausgerichtet ist, habe ich leider keinen Mitbewohner aus dem Fernen Osten, der mir bei der Dechiffrierung behilflich sein könnte. Ich habe die Einstellungen von meinem Vorgänger übernommen und er hat mir geraten, NICHT an der Fernbedienung rumzuspielen, weil ansonsten irgendwann gar nichts mehr geht. Ich halte mich an diesen Rat.

Unser Wohnzimmer mit meinem palästinensischen Mitbewohner Malik und Propangasheizstrahler

Moderne Rauminstallation im ohnehin nicht funktionierenden Kamin Ein Klavier, ein Klavier ! Wir mögen zwar keine richtige Heizung im Wohnzimmer haben, aber wer nennt schon ein Piano sein eigen ? Dummerweise kann keiner spielen. Spätestens jetzt rächt es sich, dass ich als junger Knabe meine musikalische Früherziehung an diesem Instrument hingeschmissen habe. Glücklicherweise konnte ich mir von einer Kollegin eine ganz billige Akustikgitarre ausleihen und beglücke meine Mitbewohner hin und wieder mit dem ein oder anderen Liedchen. Nahaufnahme unserer Bibliothek. Die Bücher sind Hinterlassenschaften von Vormietern. Wo die Barbie herkommt weiß niemand, ihre Geschichte bleibt wohl immer in den Mantel des Schweigens gehüllt. Fest steht: Sie scheint viel durchgemacht zu haben.
Die Küche, heute mal recht aufgeräumt

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