Freitag, 2. Februar 2007

Das Wort zum Wochenende

Gestern bin ich endlich in meine neue WG gezogen, d.h. die Tage völliger Isoliertheit (naja, so schlimm war's dann auch nicht) sind gezählt. Meine Mitbewohner scheinen recht nett und unkompliziert zu sein. Ich wohne im ersten Stock zusammen mit 5 Jungs und die Wohnung sieht so aus, wie man sich eine Wohnung ohne die Fürsorge einer weiblichen Hand halt vorstellt: Auf Grund der Evolution denken Männer eher nüchtern in Kosten - Nutzen - Kategorien, was sich auch an der spartanischen Einrichtung bzw. nicht vorhandenen Dekoration in den Gemeinschaftsräumen zeigt. Dennoch fühle ich mich in der WG ganz wohl, da ja nicht die Möbel, sondern zunächst einmal die Menschen den Geist eines solchen Sozial-Projekts ausmachen. Unter meinen 4 Roommates sind 2 Amerikaner, ein Däne und ein Palästinenser. Ein Stockwerk über uns befindet sich eine zweite, ethnisch ebenso kunterbunt zusammengesetzte WG mit 6 Personen. Mein Zimmer ist mit dem zum Leben Notwendigen ausgestattet - keine Extras bzw. sonstigen Sperenzchen oder anders ausgedrückt: Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl, ein Schrank - das war's. An technischer Ausstattung verbuche ich eine Klimaanlage aus Großmutters Zeiten, Fernseher bzw. Telefon ist nicht existent. Immerhin haben wir einen Fernseher im Gemeinschaftsraum und ich darf behaupten, dass das der kleinste Fernseher ist, den ich je gesehen habe, von Taschen- bzw. Campingfernsehern einmal abgesehen. Im Vergleich zu diesem Gerät wirkt eine 37cm Bildschirmdiagonale, wie sie in Deutschland das absolut untere Ende der Skala darstellt, fast wie eine Kinoleinwand. Um das gänzliche Fehlen eines Telefons zu kompensieren, lasse ich mir heute Nachmittag einen Internet-Anschluss ins Zimmer legen. Der Spaß ist nicht ganz billig, aber man gönnt sich ja sonst nichts. Das zweite große Projekt wird die Beschaffung einer neuen Matratze sein, da das aktuelle Modell nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Ich spreche hier weniger von bestimmten Farbakzenten, die der ein oder andere Vormieter stilsicher gesetzt hat, sondern von einer grundsätzlichen Altersschwäche. Wenn die Matratze ein Pferd wäre, müsste man sie sofort erschießen. Das Hauptproblem ist, dass ich nicht sanft auf einen geschmeidigen Lattenrost gebettet bin, sondern nur auf einer massiven Holzbohle liege und die Matratze in der Mitte eine riesige Kuhle aufweist ergo völlig durchgelegen ist. Da ich meine Wirbelsäule noch für den Rest meines Lebens brauche, muss ich heute mal mit dem Stellvertreter des Vermieters sprechen, wie man diese Misere beheben kann.
Heute Abend werde ich mich mit ein paar Leuten in Achrafiye treffen, einem christlich geprägten Stadtteil im Osten Beiruts, der als Party- und Kneipenzentrum gilt und mal ein bisschen in das libanesische Nachtleben eintauchen. Konkrete Pläne für's Wochenende habe ich bis jetzt noch nicht. Wenn das Wetter und die Politik mitspielt, werde ich mir vielleicht Tyros anschauen und hätte damit die Mittelmeerküste komplett abgedeckt.
Die folgenden Bilder sind aus den Untiefen meines mittlerweile recht umfangreichen Archivs hervorgekommen und ich möchte sie euch natürlich nicht vorenthalten.

Mal wieder der Uhrturm auf dem Nejmeh-Square in Downtown Beirut. Es gibt hier nicht so viele schöne Fotomotive, also werdet ihr dieses Relikt der französichen Mandatsmacht aus den beginnenden 30er Jahren noch öfters zu sehen bekommen

Geschicktes Product-Placement

Rue Gemayzeh. Neben Rue Monot in Achrafiye (die Straße, wo ich heute Abend hingehen werde) die zweite Amüsiermeile der Stadt.

Die riesige Mosche im Hintergrund mit der markanten blauen Kuppel wurde von dem vor 2 Jahren ermordeten ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri gestiftet. Als reichster Mann des Libanons und Multi-Milliardär konnte er sich die bescheidene Hütte leisten. Momentan wird noch der Innenraum ausgebaut.

Sursock Privatmuseum, eines der extrem wenigen (=4) Museen der Stadt, gleichzeitig eines der schönsten Gebäude Beiruts. Das Haus beherbergt eine Sammlung zeitgenössischer libanesischer Künstler.
Einer der beiden Ausstellungsräume Orthodoxe Kathedrale in Downtown


Eines meiner wichtigstens Nahrungsmittel: Kaffee von Dunkin' Donut im praktischen Halbliterbecher.

"Contains no juice": Gott sei Dank, da hab' ich ja nochmal Glück gehabt. Nicht dieser 100% Fruchtsaft-Schrott wie in Deutschland, sondern 100 % reine libanesische Chemie :

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hi Andi,
entschuldige, dass ich mich hier schon länger nicht mehr zu Wort gemeldet habe... das Lernen ist der Grund. Ganz nach deinem Vorbild hat sich mein Lebensraum z.Zt. in die Bib verlagert, morgen in einer Woche steht die Psycho-Prüfung für mein EWS an. Drück mir die Daumen.
Ich hab deine Fotos genossen, du scheinst ja wriklich viel herumzukommen. Freue mich schon, alle Bilder schon bald mit dir persönlich anzuschauen :). Dann hab ich auch ebstimmt Fragen zu römischer Architektur. Ich versprechs. Ich tu alles, damit sagen kannst, was du sagen willst ;). Nur momentan wurden die Römer von den Psychologen aus meinem Hirn verbannt. Ich hoffe, du hast viel Spaß in deiner neuen WG und konntest auch das Beiruter Nachtleben auskosten.
Take care! Hier wirst vermisst!
Glg,
Basti